Kategorie: Zwischen Asche und Anmut: Domaine Sigalas und die stille Kraft des Assyrtiko

Wer Santorini betritt, betritt ein Gedächtnis aus Stein. Die Erde, geschwärzt und porös, erzählt von Hitze, Druck und Zeit. In diesem archaischen Takt pflanzt Domaine Sigalas nicht einfach Reben – es kultiviert ein Vermächtnis. Nichts hier ist geschönt, nichts dem Zufall überlassen. Und mittendrin: Assyrtiko. Keine Sorte für Kompromisse, keine für schnelle Erfolge. Sie verlangt Geduld, Demut, und genau das schenkt ihr Paris Sigalas – nicht als Winzer, sondern als Chronist eines Ortes, der weder laut noch gefällig ist. Der Assyrtiko bei Sigalas schmeckt nicht nach mediterraner Klischeehaftigkeit. Er schmeckt nach Gestein, nach Wind, nach Stille. Und obwohl er oft stahlig erscheint, wohnt ihm eine Tiefe inne, die sich nicht aufdrängt, sondern entdeckt werden will.

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Zwischen Asche und Aromen: Ein Weingut wie kein zweites

Im unwirtlichen Norden Santorinis, dort, wo sich schwarze Lavaböden mit gleißender Sonne und salziger Meeresluft vereinen, trotzt ein Weingut seit Jahrzehnten den Elementen: Domaine Sigalas. Es ist kein Ort des Spektakels – sondern einer der Konsequenz. Hier entstehen Weine und Spirituosen, die nicht gefallen wollen, sondern erzählen. Vom archaischen Charakter der Kykladen. Vom Mut zur Authentizität. Und von einer Philosophie, die auf Herkunft besteht, nicht auf Trends.

Terroir in Reinform: Santorinis vulkanisches Erbe

Die Reben der Domaine wurzeln in Erde, die mehr ist als nur Untergrund – sie ist geologische Biografie. Die sogenannten Aspa-Böden bestehen aus Bimsstein, Asche, Lavagestein. Entstanden durch katastrophale Eruptionen, sind sie heute Grundlage für Reben, die sich tief in die Erdschichten graben müssen, um an Wasser zu kommen. Was wie ein Nachteil klingt, ist ein Segen für die Aromenausprägung: Konzentrierte Frucht, straffe Mineralität, salzige Präzision.

Kombiniert mit dem gnadenlosen ägäischen Klima – heiß, trocken, durchzogen von den kühlenden Meltemi-Winden – entsteht ein Wachstumsraum, der Selektion erzwingt. Nur die stärksten Reben, die ältesten Wurzeln, die widerstandsfähigsten Sorten bringen hier Trauben hervor, aus denen Weine mit echter Signatur entstehen.

Assyrtiko: Eine Rebsorte wird zur Stimme einer Insel

Im Mittelpunkt steht bei Sigalas die Rebsorte Assyrtiko – ein weißes Original, das auf Santorini einen Ausdruck findet, der weltweit einzigartig ist. In seinem puristischen Ausbau zeigt er salzige Präzision, Zitrusnoten, steinige Struktur. In den Einzellagenvarianten erzählt er von den Nuancen einzelner Parzellen – vom mikroklimatischen Atem der Orte wie Oia, Imerovigli oder Vourvoulos.

Behutsam ergänzt wird das Sortiment durch andere autochthone Rebsorten: Aidani, aromatisch und floral. Athiri, zurückhaltend und frisch. Und Mavrotragano – ein fast verlorener Schatz der Insel, der heute als tiefdunkler, würziger Rotwein mit feinem Tanninprofil ein fulminantes Comeback feiert.

Paris Sigalas: Der Mann hinter der Haltung

Was als kleine Canava begann – ein traditioneller Familienweinkeller – wurde unter der Hand von Paris Sigalas zu einem stilprägenden Projekt für den gesamten griechischen Weinbau. Der studierte Mathematiker verließ sich nicht auf Formeln, sondern auf Beobachtung und Geduld. Schon in den 1990er Jahren setzte er auf naturnahe Bewirtschaftung, Handlese und traditionelle Reberziehung in Kouloura-Form: Reben, die sich wie ein Korb am Boden winden, um die Trauben vor Sonne und Wind zu schützen.

Die Rebstöcke sind alt, viele über 70 Jahre. Sie werden gepflegt wie Kulturgut – nicht als Produktionsfaktor. Was dabei entsteht, sind keine Markenweine, sondern flüssige Landschaftsbilder.

Auch flüssig destilliert: Die Spirituosen von Sigalas

Neben den vielschichtigen Weinen produziert das Weingut auch hochwertige Traubenbrände. Diese Spirituosen sind keine Nebenprodukte – sie sind Teil derselben Philosophie: minimale Intervention, maximale Identität. Ob als klarer Tresterbrand mit feinen Kräuternoten oder als gereifte Variante mit subtiler Würze – sie spiegeln die Rebsorten und das Terroir wider, nicht ein Standardrezept.

Sie eignen sich nicht nur als Digestif, sondern als sensorisches Echo eines Ortes, der sich nicht vereinnahmen lässt.

Präzision statt Pose: Im Keller zählt das richtige Maß

Bei Domaine Sigalas wird nichts dem Zufall überlassen – aber auch nichts erzwungen. Der Ausbau erfolgt je nach Wein in Edelstahl, Beton oder gebrauchter Eiche. Immer entscheidet die Traube – nicht der Markt. So entstehen Weine, die nicht auf Effekte zielen, sondern auf Balance. Sie überzeugen nicht in der ersten Minute, sondern in der Tiefe des Glases.

Diese zurückhaltende Stilistik wird von Sommeliers weltweit geschätzt – sie macht die Weine zu idealen Begleitern feiner Küche und zu Gesprächspartnern auf langen Abenden.

Besuch auf Santorini: Ein Tasting wird zur Zeitreise

Ein Besuch auf Domaine Sigalas ist kein Showroom-Erlebnis. Es ist ein stiller Dialog mit einer Insel, die gelernt hat, in Extremen zu leben. Zwischen Reben, Lavagestein und Blick auf das glitzernde Meer, wird ein Glas Assyrtiko zu mehr als nur einem Getränk. Es ist ein Stück Geologie, ein Schluck Geschichte – und vielleicht der Beginn einer neuen Perspektive auf Wein.

Wer wissen will, wie kompromisslose Herkunft schmeckt, muss nicht suchen – er muss nur probieren.